
Als Steuerberaterin werde ich zum Jahresende von vielen Mandanten gefragt, ob es sich noch lohnt, dieses Jahr etwas zu unternehmen, um Steuern zu sparen.
Deswegen habe ich diesen Beitrag verfasst, um die grundlegenden Überlegungen zur Optimierung der steuerlichen Situation zum Jahresende vor allem bei Selbständigen und Freiberufler darzustellen.
Steuerliche Überlegungen zum Jahresende 2019
I. Maßnahmen im Rahmen der Gewinnermittlung
(bei Einnahmenüberschussrechnung/ keine Bilanzierung)
Bei Selbständigen gilt die Maxime Gewinn zu minimieren.
Das heißt, je weniger Einnahmen und je mehr Ausgaben man hat, desto kleiner ist der Gewinn und somit die Steuerlast. Das Ziel besteht darin, so wenig Einnahmen und so viel Ausgaben in 2019 zu haben wie möglich. Entscheidend für die Berücksichtigung der Einnahmen und Ausgaben ist der Zeitpunkt der Zahlung.1) Somit kann man durch Vorverlegung des Zeitpunktes der Zahlung von Ausgaben bzw. Hinausschieben des Zeitpunktes des Zuflusses von Einnahmen den Gewinn 2019 beeinflussen.
Man muss allerdings die Umkehreffekte im Folgejahr beachten. Das, was man in 2019 ausgegeben hat, kann man nicht noch einmal in 2020 ausgeben, bzw. die Einnahmen, die man in 2019 nicht eingenommen hat, fließen in 2020 zu. Somit wird der Gewinn 2020 höher.
Vorteile der Gewinnreduzierung in 2019
- Liquiditätsvorteil: Die für 2019 ersparte Steuer wird erst ein Jahr später gezahlt. Somit kann das Geld noch zwischenzeitig reinvestiert werden.
- Progressionseffekt: Insbesondere dann, wenn in 2019 hohe Einkünfte erzielt wurden und in 2020 mit etwas niedrigeren Einkünften gerechnet wird, kann die Verschiebung der Gewinne zwischen den Jahren zu einem echten (nicht nur zeitlichen) Steuerersparnis führen. Es entsteht ein so genannter Progressionseffekt. Da die Steuerbelastung mit den steigenden Einkünften überproportional steigt, wird jeder zusätzlich verdiente Euro überproportional höher besteuert.
Zum Beispiel ist die Steuerbelastung bei einer Einzelperson und einem Einkommen in 2019 von 50.000 € und in 2020 von 20.000 € (insgesamt in 2 Jahren 70.000 €) um ca. 1.000 € höher, als wenn die gleiche Person in 2019 und in 2020 das Einkommen von 35.000 € hätte.
Ab einem Einkommen von 55.961 € bei Einzelpersonen bzw. 111.922 € bei Ehepaaren ist der Spitzensteuersatz für die Einkommensteuer von 42 % (ohne Reichensteuer) erreicht. Das heißt, wenn das zu versteuernde Einkommen in beiden Jahren die o. a. Grenzen überschreitet, ist der Progressionseffekt nicht mehr vorhanden.
Instrumente zur Gewinnreduzierung
i) Eigene Rechnungen später schreiben
Die Rechnung für die z. B. im Dezember 2019 erbrachte Leistungen erst in 2020 stellen.
ii) Ausgaben früher bezahlen bzw. Ausgaben vorziehen
Die Eingangsrechnungen mit längeren Zahlungsfristen bereits in 2019 überweisen bzw. Vorauszahlungen tätigen.
Die Ausgaben, die sowieso gemacht werden müssen (z.B. Material, Papier oder Druckerpatronen) bereits in 2019 tätigen. Wichtig ist jedoch keine sinnlosen Ausgaben zu machen, nur um Steuern zu sparen!
iii) Kauf der betrieblich genutzten Wirtschaftsgüter bis 800 € netto
Anschaffungskosten für Wirtschaftsgüter unter 800 € netto/ 952 € brutto, können vollständig noch in 2019 berücksichtigt werden. Wenn der Kaufpreis für ein Wirtschaftsgut 800 € netto übersteigt, muss dieser über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden. In 2019 werden dann trotz Zahlung die Aufwendungen nur zeitanteilig berücksichtigt. Somit hat man hohen Liquiditätsabfluss aber keine hohen steuerrelevanten Kosten.
iv) Umsatzsteuer-Vorauszahlung Dezember 2019 bzw. IV. Quartal 2019 bereits in 2019 überweisen
Man könnte die Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2019 bzw. für das IV. Quartal 2019 bereits Ende Dezember 2019 ans Finanzamt übermitteln und die Steuerschuld aus der Umsatzsteuer Voranmeldung noch in 2019 begleichen.
Hier ist gegebenenfalls die dem Finanzamt erteilte Einzugsermächtigung zu beachten. In diesem Fall zieht das Finanzamt selbst die Steuerzahlungen bei Fälligkeit im Januar bzw. Februar ein.
v) Investitionsabzugsbetrag für geplante Anschaffungen bilden
Sind Anschaffung von den Wirtschaftsgütern für Ihr Unternehmen (betriebliche Nutzung von mehr als 90%) innerhalb der nächsten 3 Jahre nach 2019 geplant, dann kann ggf. der Investitionsabzugsbetrag für diese Wirtschaftsgüter schon in 2019 gebildet werden.
In diesem Fall können bereits in 2019 40 % der Anschaffungskosten für die entsprechenden Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden.
Die Voraussetzung für die Bildung des Investitionsabzugsbetrags ist, dass die betriebliche Nutzung vom entsprechenden Wirtschaftsgut mehr als 90 % beträgt und der Gewinn 100.000 € nicht übersteigt.
Es könnte günstiger sein, die Anschaffung von Wirtschaftsgütern im Wert von über 800 € in das nächste Jahr zu verlegen. Statt einer zeitanteiligen Abschreibung in 2019 (für Dezember und ggf. November) werden 40 % der Kosten bereits in 2019 berücksichtigt.
Beispiel: Sie kaufen im Dezember 2019 einen PC mit Nutzungsdauer von 3 Jahren für 4.000 € netto. Sie können in diesem Fall nur 111,11 € als Betriebsausgabe berücksichtigen.
Wenn Sie den gleichen PC im Januar 2020 kaufen, können Sie in 2019 dafür einen Investitionsabzugsbetrag i. H. v. 1.600 € (40% v. 4.000 €) bilden, welcher als Betriebsausgabe in 2019 steuermindernd berücksichtigt wird.
II. Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen
Die Beiträge zur Rentenversicherung, berufsständigen Versorgungswerken bzw. Basisverträgen wie Rürup Rente (spezielle Rentenversicherung für Selbständige) aufstocken.
Es können 88 % der Aufwendungen, maximal 20.000 € p.a. pro Person/ 40.000 € p.a. bei Ehegatten für die Zahlungen an die Versorgungswerke bzw. in die Rürup Rente berücksichtigt werden. Falls Sie bereits Rentenbeiträge (z. B. an gesetzliche Rentenversicherung) geleistet haben, vermindert sich der Höchstbetrag entsprechend um die geleisteten Zahlungen.
Krankenversicherungsbeiträge für zwei Jahre in einem Jahr bezahlen
Es lohnt sich ggf. bei der eigenen Krankenkasse nachzufragen, ob diese die Möglichkeit anbietet, in 2019 bereits den Jahresbeitrag für 2020 zu überweisen. Dies sollte insbesondere bei den privaten Krankenkassen möglich sein.
Außer der unmittelbaren Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge 2019, bietet diese Variante den Vorteil, dass sonstige Versicherungen z. B. Haftpflicht, Unfallversicherung etc., die normalerweise durch Ausschöpfung des Maximalbetrages durch Krankenversicherungsbeiträge in der Regel verloren gehen, sich in 2020 steuerlich auswirken.
Am besten vereinbart man mit Versicherungen, dass die Versicherungsprämien im 2-Jahresrhythmus gezahlt werden können. In einem Jahr werden die Krankenversicherungsbeiträge für 2 Jahre bezahlt und im nächsten Jahr werden Haftpflicht, Unfallversicherung etc. ebenso für 2 Jahre bezahlt. Dann kann in einem Jahr die Krankenversicherung voll berücksichtigt werden und im nächsten Jahr können die anderen Versicherungen bis 1.900 € bei Steuerpflichtigen die Zuschüsse zur Krankenversicherung erhalten (Angestellte, Beamte, Rentner, Versicherte in der Künstlersozialkasse etc.) bzw. 2.800 € für diejenigen, die keine Zuschüsse zur Krankenversicherung bekommen (die meisten Selbständigen).
i) Spenden
Spenden, die noch in 2019 gezahlt werden, können steuermindernd in 2019 berücksichtigt werden. Bei Spenden über 200 € ist eine Spendenbescheinigung notwendig, sonst reicht auch ein Zahlungsnachweis.
ii) Kinderbetreuungskosten
Kinderbetreuungskosten können zu 2/3 der Aufwendungen maximal mit 4.000 € pro Kind (somit Gesamtaufwendungen bis 6.000 €) steuerlich als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Um den Steuerabzug in 2019 noch zu maximieren, lohnt es sich ggf. entsprechende Zahlungen bereits vorzuziehen oder bei der Ausschöpfung des Maximalbetrages in 2019 auf 2020 zu verlegen.
iii) Hilfe im eigenen Haushalt/ Handwerkerleistungen
Gegeben falls lohnt es sich, Handwerker noch in diesem Jahr zu beschäftigen, damit die Maximalbeiträge optimal genutzt werden.
- Haushaltshilfe, für geringfügig Beschäftigte (max. 450 € im Monat/ Anmeldung bei Bundesknappschaft) – Entgeltzahlungen und Zahlungen an Bundesknappschaft von maximal 2.550 € p.a. können berücksichtigt werden (20 % der Aufwendungen maximal 510 € p.a.)
- Haushaltsnahe Dienstleistungen (z. B. Maler, selbständige Putzhilfe) können mit 20 % der Aufwendungen max. 4.000 € (d. h. Gesamtaufwendungen von max. 20.000 €) berücksichtigt werden.
- Handwerkerleistungen können mit bis zu 20 % der Aufwendungen max. 1.200 € (d. h. Gesamtaufwendungen von max. 6.000 €) von der Steuerlast abgezogen werden.
Wichtig! Hierzu müssen immer Rechnung und Überweisung vorliegen.
Die entsprechenden Aufwendungen wirken sich direkt auf die Steuerlast aus. Das heißt, die 20 % der Aufwendungen, werden direkt von den Steuern abgezogen und nicht nur von der Bemessungsgrundlage für Steuern, auf die dann der Steuertarif angewendet wird.
Weitere Krankheitskosten generieren, wenn bereits in 2019 hohe Krankheitskosten angefallen sind
Krankheitskosten (u. a. Medikamentenzuzahlungen, Zahnprothesen, Augenoperation zur Korrektur der Fehlsichtigkeit etc.) bzw. andere außergewöhnliche Belastungen wie z. B. Beerdigungskosten wirken sich erst nach Übersteigen eines relativ hohen Betrages der zumutbaren Belastungen steuerlich aus. Aus diesem Grund gehen diese Kosten in der Regel verloren. Wenn Sie jedoch in 2019 bereits hohe Krankheitskosten bzw. andere außergewöhnlichen Belastungen hatten und den Betrag der zumutbaren Belastung bereits überschritten ist, dann lohnt es sich noch in 2019 weitere Ausgaben zu tätigen z. B. eine schöne Brille zu kaufen.
Ich hoffe die o.g. Tipps sind hilfreich für Sie und ich wünsche Ihnen noch viel Spaß beim Steuern sparen!
Sollten Sie Fragen zu den oben dargestellten Steuertipps haben, oder bei weiteren Anregungen und Gestaltungsideen, die Sie gerne überprüft haben wollen, rufen Sie mich einfach an.